1.3 Erkrankungen

1.3.1 Anzeichen für Erkrankungen

Die hochentwickelte Schmerzwahrnehmung von Reptilien und Amphibien ist unbestritten, demgegenüber stehen ihre massiv reduzierten Möglichkeiten zur Schmerzäusserung.

Das Erkennen von Leiden und Erkrankungen ist bei Terrarientieren daher ungleich schwieriger als bei Säugetieren. Zwar reagieren die Tiere physiologisch auf Schmerzen, doch sind die entsprechenden Indikatoren in der Regel nur von Fachpersonen zu erkennen.

Die Grundvoraussetzung für jeden seriösen Tierhalter ist daher, das Verhalten und die Körpersprache seiner Tiere genau zu kennen, um frühzeitig reagieren zu können. Lethargie, Lahmheit und Störungen der Bewegungskoordination sind deutliche Anzeichen für eine Erkrankung. Aber auch kleine Farbänderungen, beschleunigte Atmung und eine ungewöhnliche Körperhaltung lassen auf das Befinden der Tiere schliessen. Schmerzen und krankhafte Veränderungen am Tier weisen oft auf Haltungsmängel hin und können zu chronischem Leiden führen. Der Tierhalter ist dafür verantwortlich, dass kranke oder verletzte Tiere unverzüglich ihrem Zustand entsprechend untergebracht, gepflegt und behandelt oder wenn dies nicht mehr möglich ist, getötet werden (Art. 5 Abs. 2 TSchV).

Leider sind sowohl uninformierte Tierhalter als auch nicht spezialisierte Tierärzte und Amtspersonen nicht selten mit der Beurteilung von Tier und Haltung überfordert. Umso wichtiger ist es im Rahmen von Tierschutzkontrollen, dass sachkundige Amtspersonen Terrarienhaltungen überprüfen und bewilligen.

1.3.2 Tierärzte

Inzwischen ist eine stattliche Anzahl spezialisierter Tierärzte verfügbar, die Erfahrung in der Behandlung von Reptilien und Amphibien vorweisen können. Auch beim Einsatz medizintechnischer Geräte sind grosse Fortschritte zu verzeichnen.

Eine Liste mit fachkundigen Tierärzten, sortiert nach Kantonen, findet sich auf der Webseite der DGHT Schweiz und speziell für Schildkröten auf der Webseite der SIGS.

Auf Vogelspinnen spezialisierte Tierärzte gibt es in der Schweiz bis jetzt nur wenige. Diese sowie die Adressen von vogelspinnenkundigen Tierärzten in Deutschland und Österreich sind auf der Webseite www.arachnomedicine.de aufgeführt. Für andere wirbellose Tierarten sind in der Schweiz bislang keine spezialisierten Tierärzte bekannt.  

1.3.3 Prävention

Auch wenn die medizinische Versorgung von Reptilien und Amphibien in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt hat, muss der Fokus auf der Prävention liegen. Die häufigsten Krankheiten können in der Regel durch artgerechte Haltungsbedingungen, entsprechendes Futter und angemessene Hygiene vermieden werden. Auch der Kot sollte regelmässig auf Endoparasiten untersucht und das Tier bei Bedarf gezielt behandelt werden.

Gemäss Art. 5 Abs. 1 TSchV muss der Tierhalter das Befinden der Tiere und den Zustand der Einrichtungen so oft wie nötig überprüfen. Die spezifischen Anforderungen an Ernährung, Sozialstruktur, Klima, Substrat und Infrastruktur sind zu erfüllen (Vorbemerkungen (Buchstabe K) zu Anhang 2 TSchV (PDF)). So lässt sich z.B. durch das richtige Substrat für die Eiablage Legenot verhindern und die passende Luftfeuchtigkeit beugt Hautproblemen oder Häutungsschwierigkeiten vor.

Auch ein der Art entsprechendes Lichtspektrum (Vorbemerkungen (Buchstabe J) zu Anhang 2 TSchV (PDF)) ist von entscheidender Bedeutung. Um Verbrennungen zu vermeiden sind Wärmequellen zu sichern und es ist auf den Einsatz von Infrarotstrahlern zu verzichten. Diese werden von vielen Reptilien nicht als starke Wärmequelle erkannt, da sie kein sichtbares Licht abstrahlen.

Die Tiere sind regelmässig und ausreichend mit geeignetem Futter und Wasser zu versorgen (Art. 4 Abs. 1 TSchV). Bei Terrarientieren spielen auch Futterzusätze und deren Dosierung eine wichtige Rolle. Vor allem bei jungen Echsen führt Kalziummangel aufgrund unzureichender UVB-Beleuchtung und dem Fehlen artspezifischer Futterzusätze zu schweren Missbildungen. Aber auch eine Kalzium-Überdosierung durch neue Futterergänzungsmittel, bei denen Kalziumkarbonat durch Kalzium-Citrat ersetzt wurde ist kritisch. Sie kann dazu führen, dass die Eier zu stark kalzifiziert sind und die Jungen nicht mehr schlüpfen können. Für Jungtiere, welche zu starkem Kalziummangel neigen, sind diese Präparate hingegen wirkungsvoller als die klassischen Kalziumkarbonat-Präparate. Auch Altersbeschwerden wie Gicht und Leberproblemen kann durch abwechslungsreiches, artgerechtes Futter vorgebeugt werden.

Gemäss Vorbemerkungen (Buchstabe H) zu Anhang 2 TSchV (PDF) ist bei der Gruppenzusammensetzung die Sozialstruktur der jeweiligen Art und die Verträglichkeit der Individuen angemessen zu berücksichtigen. Eine falsche Gruppenzusammensetzung kann zu Streitigkeiten oder gar heftigen Kämpfen führen, bei denen sich insbesondere Männchen, bei manchen Arten aber auch Weibchen, schwer verletzen können. Aufgrund des beschränkten Platzes können unterlegene Tiere nicht ausweichen und sich den Attacken entziehen. Ähnliches kann auch durch aufdringliche Männchen während der Paarungszeit geschehen, wenn sich die Weibchen nicht zurückziehen können. Eine geeignete Gruppenzusammensetzung sowie die angemessene Grösse und gute Strukturierung des Terrariums mit genügend Ausweichfläche ist daher zwingend notwendig. Bei Bedarf müssen unverträgliche Tiere getrennt werden. 

Published on 08.07.2014, 8:33:06.
Last updated on 17.08.2014, 13:22:59.
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